Review:

The Passion Of Dionysus

(Virgin Steele)

David DeFeis wird keine Alben mehr veröffentlichen wie "Noble Savage" oder "Invictus" - Punkt. Dass VIRGIN STEELE 2023 eine andere Band ist und der maßgebliche Künstler sich verändert hat, ebenso seine Art und Weise, ein Album zu produzieren, sollte mittlerweile auch bei den letzten Metalheads und Anhängern der Band angekommen sein. Somit fokusieren wir uns doch am besten auf den Inhalt des neuen Albums und lassen den melancholischen Blick in die glorreiche Vergangenheit ruhen.

"The Passion Of Dionysus" kommt 5 Jahre nach dem nennen wir es mal "quantitativen Kontrollverlust" des "Seven Devils Moonshine" Boxsets. Und ambitioniert, kreativ, inspiriert und auch den Hörer fordernd ist der New Yorker Multiinstrumentalist auch heuer geblieben. Die Geschichte von Dionysos, dem jüngsten der griechischen Götter und Sohn von Zeus, steht im Zentrum des Albums. Aber es geht nicht nur um griechische Mythologie, sondern auch um Kontrolle, Zurückhaltung, um nichts weniger als um die Freiheit des Individuums und die Frage, "ob es Platz in unserer Gesellschaft für das irrationale und Wilde gibt" (Zitat DeFeis). Und u.a. dieser wilden Frage geht David DeFeis in knapp 80 Minuten und 10 Songs nach. Unterstützung findet er wieder in seinem langjährigen musikalischen Partner und Gitarrist Edward Pursino, und den Rest, d.h. Songwriting, Produktion, Vocals, Keyboards, Bass, Drums übernimmt er himself.

Und natürlich finde ich das Schlagzeugspiel nicht immer passend und überzeugend. Zum Teil "zerstückelt" David damit die Songs; vom synthetischen Klang der Drums reden wir hier noch nicht einmal. Und natürlich sind die Kompositionen zu oft überladen mit Effekten und symphonischem Bombast. Und auch die hohen Schreie, die mit Studiotechnik gepimpt sind, gehen dem Hörer doch hin und wieder auf die Nerven. Aber hier sind auch starke Melodien zu entdecken. Und wenn man sich intensiv mit dem Werk beschäftigt, gibt es einiges, was durchaus innovativ, anspruchsvoll und künstlerisch wertvoll ist. Kurzum, es gibt tolle Songs auf "The Passion Of Dionysus".

"The Gethsemane Effect" hat einen packenden Groove. Die Gesangslinie steckt voller Emotion, und die Gitarre, die Pursino spielt, ist empfindsam und beseelt. Der Song bietet Rock mit symphonischer Verzierung, aber auch metalisches Muskelspiel wird zuweilen geboten. Songs, die an oder auch über die 10 Minuten gehen, sind der Standard auf dem Album. Gradlinig, wie bei "Black Earth & Blood", werden diese selten erzählt, Wendungen gehören zum Konzept. "The Ritual Of Descent" hat vier Parts und geht nahezu 13 Minuten. Das ist spannend, aber auch herausfordernd.

Wer den letzten Veröffentlichungen von VIRGIN STEELE etwas abgewinnen konnte, wer sich nicht von dem zuweilen etwas unausgewogenen Klang hat abschrecken lassen, wird auch an diesem Werk Gefallen finden. Generell, wer auf progressiven, symphonischen, epischen, konzeptionellen Rock und Metal steht, sollte "The Passion Of Dionysus" antesten. Alle, die auf frühe VIRGIN STEELE - tief im Metal-Kosmos verwurzelt, zwar episch, aber schlüssig erzählt - hofften, die werden hier abermals nicht fündig.

 

 

 

 

The Passion Of Dionysus


Cover - The Passion Of Dionysus Band:

Virgin Steele


Genre: Heavy Metal
Tracks: 10
Länge: 77:40 (CD)
Label: Steamhammer (SPV)
Vertrieb: SPV